seilbahn.net | Themenbereiche | Pisten | 2019-07-05

Vitalpin als Vermittler zwischen Menschen, Wirtschaft und Natur

Diskussion über ökologisches Pistenmanagement

Die Initiative Vitalpin, die sich als internationale Interessensgemeinschaft für alpines Wirtschaften versteht und seit der Präsentation auf der diesjährigen ITB in Berlin bereits auf mehr als 40 Mitgliedern angewachsen ist, hat es sich zum Ziel gesetzt, das Bewusstsein für den Stellenwert der kleinteilig strukturierten alpinen Tourismusbranche im öffentlichen Meinungsdiskurs positiv zu schärfen. Mit einem ersten Diskussionsformat in Innsbruck beweisen die Verantwortlichen, dass Ökologie und Ökonomie im Tourismus keineswegs im Gegensatz stehen müssen. Eine aktuelle Untersuchungsreihe zum ökologischen Pistenmanagement im Auftrag der Schmittenhöhebahn belegt, dass sorgfältige Pistenpflege ohne Düngung und mit geringer Mähhäufigkeit sogar die Grundlage für eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt schafft.
Im branchenübergreifenden Netzwerk Vitalpin haben sich einige der wichtigsten Akteure der alpinen Tourismusbranche aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Italien zusammengeschlossen, um so durch Bündelung der Kräfte gemeinsam definierte Ziele besser zu erreichen. Besonders großen Wert legt Geschäftsführerin Theresa Haid dabei auf den Dialog mit der einheimischen Bevölkerung: „Ich bin überzeugt, dass ein harmonisches Neben- und Miteinander von Einheimischen und Gästen der Schlüssel zum Erfolg künftiger Tourismusdestinationen sein wird. Um dies zu erreichen, ist es dringend notwendig, die einheimische Bevölkerung als wichtige Zielgruppe in die Diskussions- und Entscheidungsprozesse einzubinden.“ Genau aus diesem Grund initiiert Vitalpin Workshops, Diskussionsformate, Medienkooperationen und Kampagnen, um künftig eine kompetente Vermittlerrolle zwischen Menschen, Wirtschaft und Natur einnehmen zu können. Bei der Diskussionsrunde mit dabei waren neben den Verantwortlichen der Schmittenhöhebahnen aus Zell am See auch die Vitalpin-Mitglieder Stefan Mangott (Bergbahnen Serfaus) und Daniel Gasser (Südtiroler Bauernbund) sowie die Zillertaler Bergsportlegende und Vitalpin-Fürsprecher Peter Habeler.  

Diskussionsformate und Wissensaustausch

Im Rahmen einer Auftaktveranstaltung in Innsbruck lud Vitalpin die Verantwortlichen der Schmittenhöhebahn AG aus Zell am See zur Präsentation einer aktuellen Studie zum Thema „Ökologisches Pistenmanagement“. „In Zukunft soll vermehrt mit einem Expertennetzwerk und einer Wissensdatenbank nötiges Know-How gesammelt werden und aktuelle Studienergebnisse allen Mitgliedern zugänglich gemacht werden“, betont Haid. Die Sicht auf das Wirtschaften im Alpenraum müsse mit unterschiedlichen Perspektiven wieder angereichert werden und die positiven Aspekte und nachhaltigen Entwicklungen kommuniziert werden. In diesem Kontext sei es bedauerlich, dass in Teilen der Gesellschaft das Bewusstsein darüber verloren gegangen sei, dass alle Bewohner des Alpenraums – von den touristisch erschlossenen Seitentälern bis hin zu den städtischen Ballungszentren – sichtbar und unsichtbar vom Tourismus leben. Laut Haid sei das Ziel „nicht ein Mehr an Menge, sondern ein Mehr an Wert. Wir setzen uns ein, den Tourismus als Lebensgrundlage zu bewahren und zu optimieren. Weil Tourismus – gerade in den Alpen – der Motor für Wohlstand ist und bleibt.“

Studienergebnisse sollen ein Umdenken einleiten

Eine jüngst von der Schmittenhöhebahn AG beauftragte Studie untersuchte die Einflüsse von technischer Beschneiung, der Präparierung der Pistenflächen sowie die Auswirkungen der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung auf die heimische Flora und Fauna. „Die Schmittenhöhebahn AG ist stets bestrebt, eine ökologische Aufwertung im Bereich der Skipisten des Skigebiets zu erzielen,“ betont Erich Egger, Vorstand der Schmittenhöhebahn AG. Deshalb wurden für dieses Handlungsfeld vier Studien in Auftrag gegeben, die im Detail auf unterschiedliche Bereiche wie Farn- und Blütenpflanzen, Ausbildung der Vegetation, Wildbienen, Tagfalter und Heuschrecken fokussieren. „Mit der Präsentation der Studienergebnisse wollen wir Vorurteile entkräften, eine breitere Diskussion anstoßen und so ein Umdenken einleiten“, so Egger. 

Wichtiger Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt

Die Studienergebnisse sind eindeutig und belegen, dass das weit verbreitete Vorurteil lebensfeindlicher Pisten überholt sei. Die Forschungsarbeiten zeigen, dass auf vielen Standorten die örtlichen Bedingungen und die Form der Bewirtschaftung viel entscheidender sind als die Folgeeffekte der Beschneiung. Neu ist, dass mit den Studiendaten die hohe Lebensraumeignung von schonend bewirtschafteten Skipisten für Wildbienen, Tagfalter und Heuschrecken belegt ist, die diese Flächen nicht nur bewohnen, sondern sich dort auch vermehren, betont Egger. 

Für die Autoren rund um Studienleiter Helmut Wittmann (Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Biodiversitätszentrum des Hauses der Natur, Leiter des Institutes für Ökologie) wird durch die Analysen deutlich, dass mit entsprechender extensiver Bewirtschaftung bzw. Pflege von Pistenflächen ein wertvoller Beitrag zum Erhalt und zur Förderung der Artenvielfalt und zum Teil sogar zum Artenschutz geleistet werden kann. „Skipisten sind zwar im Regelfall relativ einheitliche und ebene Flächen, bei ihnen ist jedoch selten die Notwendigkeit landwirtschaftlicher Produktion gegeben. Daher können Bewirtschaftung oder besser ‚Pflege‘ in Hinblick auf Artenvielfalt und die Bedürfnisse seltener Arten optimiert werden. Die Bilder der blütenreichen Skipisten der Schmittenhöhe zeigen bereits einem Laien, dass auch Pistenflächen eine hohe Biodiversität aufweisen können“, so Wittmann. Von den Experten wurde dies nun eindrucksvoll bestätigt. Ungedüngte „Pisten-Wiesen“ mit seltener und später Mahd beherbergen nicht nur beeindruckend viele Arten, es leben hier Organismen, die landesweit als gefährdet gelten. Sogar Schmetterlingsarten, die im Alpenvorland bereits ausgestorben sind, nutzen diese Skipisten als Nektarquelle. 

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