Cooler, lauter, emotionaler? Der Wintertourismus findet neue WorteAlpine Destinationen setzen in der aktuellen Winterkommunikation verstärkt auf Emotionen, Events und Lifestyle – eine Analyse von Mountain Management Consulting und Lumifai zeigt, wohin der alpine Wintertourismus kommunikativ steuert. 75 Ski-Destinationen in der Schweiz, Österreich, Italien, Deutschland und Frankreich – darunter große Namen und Hidden Champions – wurden auch dieses Jahr erneut von Mountain Management Consulting und Lumifai gemeinsam einer Kommunikationsanalyse unterzogen. Untersucht wurden tausende Social-Media-Beiträge von Kanälen wie z.B. Facebook und Instagram, Webseiten und Werbeanzeigen. Die Partner Lumifai (Spezialist für KI-gestützte Datenanalysen) und Mountain Management Consulting (Erfahrene Strategieberater für Skidestinationen) wollten herausfinden, „wohin sich der Wintertourismus im alpinen Raum kommunikativ entwickelt hat.“ Die Ergebnisse zeichnen ein klares Bild: Die digitale Kommunikation der Ski-Destinationen wandelt sich – weg von reinen Natur- und Sportbildern, hin zu stärkerer Bedürfnisorientierung, Emotionalisierung und neuen Themen. Im Folgenden beleuchten wir die wichtigsten Trends und Unterschiede auf Länderebene, damit Marketing- und PR-Verantwortliche ihren eigenen Auftritt zukunftsfähig ausrichten können. Mehr Erlebnis, weniger Postkarte: Neue inhaltliche Schwerpunkte Ein zentrales Ergebnis der Analyse: Alpine Destinationen erweitern ihren Themenspielraum. Zwar dominieren klassische Markenmotive wie Natur und Sport nach wie vor die Online-Inhalte – so spielte Natur in der Wintersaison 23/24 bei rund 78 % der Online-Touchpoints (z.B. Social-Media-Posts) eine Rolle, Sport/Action bei etwa 72 %. Doch im Vergleich zum Vorjahr haben diese traditionellen „Postkartenmotive“ leicht an Anteilen verloren. Stattdessen gewinnen Erlebnisse und Lifestyle-Themen spürbar an Gewicht. Insbesondere Inhalte zu Events & Party legten deutlich zu (etwa +3 bis +7 Prozentpunkte [Pp.] je nach Land). Viele Destinationen zeigten in der vergangenen Saison vermehrt Après-Ski-Stimmung, Festivals, Familienveranstaltungen oder Nightlife-Szenen. Auch Kulinarik – also Beiträge rund um Essen, Restaurants und regionale Spezialitäten – rückte stärker ins Rampenlicht, vor allem in Frankreich und der Schweiz (jeweils rund +5 Pp. mehr Anteil als im Vorjahr). Die Kommunikation wird somit breiter aufgestellt: Neben Pistenpanorama und Pulverschnee setzt man nun verstärkt auf Genuss, Geselligkeit und Veranstaltungen als Aufhänger. Parallel dazu lässt sich eine Verlagerung hin zu emotionalen Bedürfnissen der Gäste erkennen. Beiträge adressieren häufiger die Gefühlswelt und Motive der Urlauber: Abenteuerlust, Entspannung, Freiheit. So blieb etwa der Wunsch nach Abenteuer einer der meist bedienten Kommunikationsaspekte (in über der Hälfte aller Posts vertreten) und stieg im Schnitt sogar leicht an. Inhalte, die Entschleunigung und Ruhe vermitteln, blieben insgesamt konstant – mit bemerkenswerten Zuwächsen in einzelnen Märkten (z.B. in der Schweiz +2 Pp. mehr Entspannungs-Themen). Dagegen traten rein informative oder nüchterne Inhalte weiter in den Hintergrund. Etwa Praktikalität (praktische Infos, Sachliches) verlor deutlich an Raum in der Ansprache (in Österreich –6 Pp. weniger Erwähnung). Die Destinationen kommunizieren also weniger im Stil eines Reiseführers, sondern mehr in Erlebnissen und Emotionen. Wertewandel: Status statt Authentizität? Spannend ist auch ein Blick auf die vermittelten Markenbedürfnisse und Tonalitäten. Die Analyse zeigt, dass sich hier subtile Verschiebungen abzeichnen. Viele Destinationen setzen vermehrt auf Exklusivität und Status in ihrer Bildsprache und Wortwahl – besonders ausgeprägt in Österreich, wo das Bedürfnis „Status“um +4,5 Prozentpunkte häufiger betont wurde als im Vorjahr. Dies deutet darauf hin, dass einige Alpenorte ihr Premium-Image schärfer herausstellen, um sich vom Wettbewerb abzusetzen. Gleichzeitig ist eine leichte Abkehr vom Authentizitäts-Narrativ zu beobachten: Begriffe und Darstellungen rund um „authentisch/echt“ gingen insgesamt zurück (in Italien z.B. –9 Pp. bei diesem Attribut). Offenbar versuchen die Markenverantwortlichen, statt auf traditionell-rustikale Echtheit nun stärker auf Modernität und Einzigartigkeit zu setzen. Unterstützung findet diese These in einem anderen Trend: Inhalte, die „cool & trendy“ wirken sollen, nahmen deutlich zu (+10 Pp. in österreichischen Resorts, +4 Pp. in Italien). Die Emotionalisierung der Kommunikation zeigt sich auch darin, dass statt einer Betonung der eigenen Bodenständigkeit nun verstärkt das Lebensgefühl vermittelt wird – sei es das Gefühl von Abenteuer oder Gemeinschaft. Interessant ist, dass gemeinschaftsorientierte Werte zwar wichtig bleiben, aber etwas anders akzentuiert werden. So ist das Bedürfnis nach „Nähe“ (Geborgenheit, Nähe zu Menschen oder Ort) in Italien etwas häufiger adressiert worden (+2,7 Pp.), während „Identifikation“ mit der Destination (sich als Teil des Ortes fühlen) überall spürbar seltener direkt thematisiert wurde (Rückgang von 1–9 Pp. je nach Land). Ebenso nahm die Thematisierung von „Individualität“ durchweg ab (–2 bis –4 Pp.): Man spricht die Zielgruppe also weniger über das Alleinstellungsmerkmal des Einzelnen an, sondern mehr über gemeinsame Erlebnisse und kollektive Stimmungen. Insgesamt lässt sich hier ein Wandel im Werteversprechen erkennen: Das Storytelling verlagert sich von authentisch und individuell hin zu trendig und exklusiv – offenbar in der Absicht, neue Zielgruppen anzusprechen und mit zeitgemäßem Image zu punkten. Trend zu Lifestyle und Innovation statt nur Naturidyll Die Ergebnisse offenbaren zudem eine stärkere Lifestyle-Orientierung der alpinen Markenkommunikation. Viele Destinationen möchten offenkundig als innovativ, vielfältig und einzigartig wahrgenommen werden. Das Attribut „innovativ“ verzeichnete in den Posts deutliche Zuwächse (z.B. +4 Pp. in Italien, +3 Pp. in Frankreich) – ein Indiz, dass moderne Infrastruktur, neue Angebote oder digitale Erlebnisse vermehrt ins Schaufenster gestellt werden. Ebenso wurden Inhalte als „einzigartig“ und unvergleichlich häufiger hervorgehoben (v.a. in der Schweiz +5,6 Pp. und Österreich +4,4 Pp.). Die Botschaft: Diese Destination bietet etwas Besonderes, das es so woanders nicht gibt. Auch Vielfalt und Abwechslung blieben ein wichtiger Punkt und legten leicht zu. Demgegenüber hat der seit Jahren bemühte Begriff „Authentizität“ein wenig an Zugkraft verloren, wie bereits erwähnt. Ein weiterer Aspekt des Lifestyle-Trends ist die Inszenierung als „cool & hip“. Gerade österreichische Skigebiete haben ihren Auftritt merklich verjüngt – Posts mit cool/trendy-Attitüde nahmen dort um über 10 Prozentpunkte zu. Das zeigt sich etwa in stylischen Event-Videos, jugendlichen Bildmotiven oder der Betonung von Trendthemen wie Freestyle-Parks und Musik-Events. Insgesamt scheint die Branche verstanden zu haben, dass sie im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit (gerade bei jüngeren Zielgruppen) mit Lifestyle-Themen und zeitgemäßer Bildsprache punkten muss. Die schiere Naturschönheit allein reicht als Kommunikationshaken nicht mehr aus – sie wird ergänzt durch Szenegastronomie, Mode, Nightlife und Social-Media-taugliche Inszenierungen. Und wie steht es um das Thema Nachhaltigkeit? Überraschenderweise spielt Umweltbewusstsein in der Winter-Kommunikation weiterhin eine marginale Rolle. Beiträge, die ökologische Aspekte betonen, machten in beiden Jahren lediglich um die 1–2 % der Kommunikation aus – hier gab es kaum Veränderung. Trotz Klimadiskussionen findet Nachhaltigkeit (zumindest in der Social-Media-Außenkommunikation) im Wintertourismus also noch wenig Resonanz. Dieses Feld könnte perspektivisch Potenzial bieten, blieb aber bislang eine Nische im Kommunikationsmix. Länderunterschiede: Jeder Markt hat seine eigene Tonart Obwohl die generellen Trends länderübergreifend erkennbar sind, gibt es markante nationale Unterschiede in der Schwerpunktsetzung:
Fazit: Wohin steuert die alpine Winterkommunikation? Die Kommunikation im alpinen Wintertourismus befindet sich im Wandel. Insgesamt zeichnet sich ab, dass Emotionalisierung und Bedürfnisorientierung an Bedeutung gewinnen: Destinationen sprechen ihre Gäste immer gezielter mit Erlebnissen, Gefühlen und Lebensstilen an. Ob Abenteuerlustige, Genussmenschen oder statusorientierte Luxusreisende – jede Zielgruppe soll auf ihre Kosten kommen und sich angesprochen fühlen. Klassische Landschafts- und Skibilder allein reichen nicht mehr, um die Aufmerksamkeit zu fesseln – und viel wichtiger: Naturlandschaften und ein “One-Fits-All”-Ansatz der Kommunikation reichen ebenfalls nicht aus, um Reisende nachhaltig an die eigene Destinationsmarke zu binden. Destinationen, die eindrucksvolle Natur mit thematisch spitzem Storytelling verbinden, um ihre Alleinstellungsmerkmale hervorzuheben, sprechen vielmehr gleichermaßen Herz und Verstand der Gäste an. Kommunikativ geht der Trend hin zu mehr Vielfalt und zeitgemäßer Positionierung: Events, Kulinarik, Wellness und Innovation ergänzen das altbewährte Wintersport-Narrativ. Die Unterschiede zwischen den Ländern zeigen, dass es kein One-Size-Fits-All gibt – jede Nation betont das, was zu ihrer Marke und ihrem Publikum passt, sei es Partyatmosphäre in den Alpenclubs oder familienfreundlicher Gourmeturlaub. Für PR- und Marketing-Verantwortliche in den Destinationen bedeutet das: Am Puls der Zeit bleiben, neue Themen mutig aufgreifen und die emotionale Klaviatur spielen. Denn der Wintertourismus der Zukunft verkauft nicht nur Skiferien, sondern Gefühlserlebnisse im Schnee. |