seilbahn.net | Themenbereiche | Wirtschaft | 2019-08-06

Smart Pricer: Dynamic Pricing bei Bergbahnen - Ein Überblick

Ein Überblick zu Status-Quo, Gründen und Varianten

In den letzten 2 Jahren hat sich die Anzahl der Skigebiete, die Dynamic Pricing einsetzen, von 5 auf über 15 mehr als verdreifacht! Wir haben diesen Trend als Anlass genommen, einen Überblick zu erstellen, welche Beweggründe Skigebiete für die Einführung von Dynamic Pricing haben und welche verschiedenen Modelle es am Markt gibt. Deutlich wird die Zunahme der Anzahl an Skigebieten, die dynamische Preismodelle verwenden, in Abbildung 1.

Für die kommende Saison haben sich einige weitere renommierte Schweizer Skigebiete wie Crans-Montana und Gstaad, sowie zwei weitere – noch nicht öffentlich genannte – dazu entschlossen, mit dynamischen Preisen zu arbeiten. Erstmals schwappt der Trend jetzt auch von der Schweiz nach Frankreich (Val-Cenis) über. Wir gehen davon aus, dass weitere Länder bald folgen werden.

Warum führen immer mehr Bergbahnen Dynamic Pricing ein?
Wir haben in letzter Zeit mit mehr als 50 Bergbahnen gesprochen. Die Gespräche lassen sich grundsätzlich in 4 Hauptgründen zusammenfassen.

1) Steigerung der Umsätze:
Einer der Hauptgründe ist die Umsatzsteigerung, die mit Dynamic Pricing erreicht wird. An schwachen Tagen wird die Nachfrage durch eine Preissenkung leicht stimuliert. Umgekehrt ermöglicht eine moderate Preiserhöhung an starken Tagen, mehr Zahlungsbereitschaft “abzuschöpfen“. Insgesamt wirkt sich dies positiv auf den Gesamtumsatz der Bergbahnen aus. Im Interview mit CNN von Januar 2019 sagt Thomas Rechberger aus St. Moritz zum Beispiel, dass Dynamic Pricing in 2018/19 zusammen mit positiven Wetterverhältnissen zu einer Umsatzsteigerung von 12% und zu 10% mehr Ersteintritten geführt hat.

2) Frühere Buchung der Skipässe:
Der Buchungszeitpunkt der Skipässe, vor allem für Mehrtagestickets, steigt durch Dynamic Pricing eindeutig, da Frühbucher oft mit günstigen Preisen belohnt werden- vor allem bei Käufen von Mehrtagestickets. Dies führt zu einer deutlichen Vervielfachung der frühen Verkäufe an Tickets im Oktober/ November, die dann oft erst in den Ferienzeiten im Dezember sowie Februar/ März gültig sind.

3) Erhöhung der Online Anteile:
Dynamic Pricing führt außerdem zu einer deutlichen Erhöhung der Online Anteile. In Zermatt beispielsweise haben sich die Online-Anteile vervielfacht gegenüber dem letzten Winter. Dadurch sinkt das Wetterrisiko für Bergbahnen; gleichzeitig können wertvolle Kundendaten für zukünftige Marketing Kampagnen gesammelt werden.

4) Verlängerung der Buchungsdauer:
Die Bergbahnen profitieren außerdem von einer verlängerten Buchungsdauer der Skifahrer. Durch die vorteilhaften Frühbucherangebote entscheiden sich mehr Gäste für den Kauf einer günstigen Mehrtageskarte lange im Voraus, statt sich vor Ort Tageskarten für die besten Tage herauszupicken. In St. Moritz erhöhte sich die Aufenthaltsdauer der Gäste Stand Januar 2019 von 4,8 auf 5,0 Tage.

Wir unterscheiden 3 Varianten des Dynamic Pricing
Es gibt verschiedene Varianten, in denen eine Reihe Faktoren ausschlaggebend für die Preisbildung sind. Wir sehen, dass sich 3 Modelle herauskristallisieren:

1) Meteo-dynamisches Pricing – Je schlechter das Wetter, desto günstiger:
In manchen Skigebieten, wie zum Beispiel bei den Pizolbahnen und der Belalp, gibt es mögliche Vergünstigungen je nach Wetterprognose. Je schlechter das Wetter, desto günstiger das Tagesticket. Gestaffelte Rabattgruppen helfen bei einer genaueren Bestimmung der Vergünstigung: so gibt es zum Beispiel bei einer Prognose von „zeitweise sonnig, zeitweise Schneefall“ einen Nachlass von 18%. Wenn aber „bewölkt, häufiger Schneefall“ in der Vorhersage steht, sparen Skifahrer bis zu 50% bei dem Kauf einer Tageskarte.

2) Online Rabatte – Je früher, desto günstiger:
Von anderen Skigebieten hingegen wird ein anderer Ansatz bevorzugt. In Arosa-Lenzerheide zum Beispiel bekommen Skifahrer Frühbucherrabatte. Diese Rabatte, die abhängig von Wochentag, Saison und Nachfrage sind, gelten allerdings nur online. Außerdem ist die Preisobergrenze der Fixpreis, der an der Kasse gilt. Höhere Preise an der Kasse, die vor allem an starken Tagen sinnvoll wären, gibt es dort also nicht.

3) Komplett dynamisches Pricing – Dynamik Online und an der Kasse:
Komplett dynamisch spielt es sich auch in einigen Skigebieten ab. Dies bedeutet, dass Preise auf allen Verkaufskanälen je nach Nachfrage variieren. Historische Daten, Buchungszeitpunkt, Saison und Ferienzeit werden dabei berücksichtigt. In Zermatt zum Beispiel lagen die Preise einer 6-Tageskarte für Erwachsene letzte Saison zwischen 338-422 CHF. Ähnlich verhält es sich auch in Andermatt-Sedrun.

Insgesamt ist erkennbar, dass Dynamic Pricing Potenzial hat, mehr Skifahrer an schwachen Tagen in die Berge zu bringen, Frühbucher zu belohnen, und eine erhöhte Anzahl an Mehrtageskarten anstelle von Ein- oder Zweitageskarten zu verkaufen. Wir gehen davon aus, dass mehr und mehr Skigebiete auch außerhalb der Schweiz dynamische Preise einführen werden.


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