seilbahn.net | Themenbereiche | Beschneiung | 2009-03-20

Schweiz: Schnee als Service public

Bergbahnen sind immer weniger bereit, die Investitionen für die Beschneiung alleine zu tragen. Gemeinden werden zur Kasse gebeten.

Gudrun Schlenczek / htr Revue

Seit 30 Jahren werden in Europa Skipisten künstlich beschneit. Dieses Jahr dank des schneereichen Winters zwar etwas weniger: In Zermatt produzierte man ein Drittel weniger Kunstschnee als in anderen Jahren. In Scuol konnten die Bahnen den Beschneiungsumfang sogar halbieren, ebenso in Saas-Fee. Auf die Kosten wirkt sich diese Einsparung aber nicht gleichermassen aus. «Die Fixkosten bleiben», weiss Albert Kalbermatten von der Saas Fee Bergbahnen AG. Die Beschneiungskosten konnten deshalb nur um ein Drittel gesenkt werden. Man wisse ja vor dem Winter nicht, wie dieser wird; viele Flächen werden bereits vor der Saison eingeschneit.

Hohe Investitionen machen den Bahnen Bauchschmerzen
In einem normalen Jahr betragen die Unterhaltskosten pro beschneiten Pistenkilometer rund 20000 Franken, zitierte Thomas Bieger von der Uni St.Gallen an der gestern zu Ende gegangenen Tagung «30 Jahre Beschneiung» in Savognin eine aktuelle Studie der Universität (siehe Zweittext). In diesen Kosten sind aber jene für die Investition der Anlage noch nicht enthalten. Und genau diese machen den Bergbahnen zunehmend Bauchschmerzen. Auf 600000 Franken belaufen sich gemäss Uni St.Gallen im Durchschnitt die Investitionskosten pro Pistenkilometer. Sie können aber auch bis zu 1 Mio. Franken betragen, wie in Savognin. Ob diese Kosten in der Zukunft immer gedeckt sein werden, das bezweifelt Leo Jeker, Verwaltungsrat der Savognin Bergbahnen AG: «Für die Erneuerung der Anlagen ist auf die lange Sicht nicht alles kalkuliert.» Der Schweizer Pionier in Sachen Beschneiung fordert deshalb, dass alle jene, die von der Beschneiung profitieren, diese künftig auch mittragen helfen. Bis anhin hätten die Bahnen in Savognin alles alleine getragen. «Man muss diskutieren, inwieweit Schnee machen als Service public gilt.»

Bei der Lenzerheide Bergbahnen AG denkt man darüber bereits nach. «Das Thema kommt langsam auf den Tisch», meint die Marketingverantwortliche Susanne Jörger. «Ohne Beschneiung würde der Tourismus sterben.» Spätestens bei der Realisierung der im ersten Anlauf gescheiterten Skipistenverbindung nach Arosa wird sich die Frage nach einer Mitfinanzierung der Beschneiung durch die öffentliche Hand stellen, meint Verwaltungsratspräsident Christoph Suenderhauf.

In Scuol zahlt Gemeinde mit
Bereits Realität ist das bei den Bergbahnen in Scuol. Zehn Gemeinden haben zwei Drittel der nötigen 2,5 Mio. Franken für die 4 Kilometer lange Talabfahrt übernommen. Denn für die Bahn sei diese kein Must, so Direktor Egon Scheiwiller: «Ins Tal kommt man auch mit der Bahn. Wir haben einfach kein Geld, um das zu finanzieren.» Für weitere 3,5 Kilometer beschneite Piste spannt man in Scuol jetzt noch mit der Landwirtschaft zusammen. Und zwar für den Bau der Leitungen, welche die Bauern im Sommer fürs Vieh brauchen. 1,8 Mio. der insgesamt 2,9 Mio. Franken sollen die Landwirte bezahlen. Das Wasser kommt aus einem bereits von der Bahn erstellten Speichersee, auch an diesem sollen sich die neuen Partner beteiligen, wenn es nach Scheiwiller geht.

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